Es ist genau 20 Uhr. Silvesterabend. Vom Schloss her vermischen sich Glocken- und Treichelklänge zu einem Heidenlärm, der sich dem Städtchen nähert. Dem Umzug voran schreitet der Anführer. Langsam tastet er sich, vorsichtig auftretend, den steilen, gepflasterten Rain hinunter. Schritt für Schritt. Seine übergrosse Holzmaske lässt auch im Finstern verzerrte Züge, Nasenerker, Falten erkennen.
Zottiges Fell verstärkt das erschreckende Bild. Aufrecht trägt er die fünf Meter hohe Stange, an dessen Ende immergründer Wachholder fachgerecht zu einem Besen gebunden ist. Hinter ihm versuchen die restlichen zwölf Besenmänner einigermassen die Viererkolonne zu halten. Quirlig herumrennende Blateremannli halten die Ordnung aufrecht. Dort wird einer mit einem Schweinsblasenschlag verlangsamt, ein anderer in die geordnete Reihe zurückgebracht. Aber auch im Schwarm der Tringeler sorgen sie für Ordnung. Die engen, steilen Kurven beim Burgerrathaus am Kreuzplatz und die Strassenlampen erschweren den Umzug. Vordrängende Zuschauer erhalten ebenfalls ordnende Schläge durch die Blateremannli, deren Gesichter durch übergezogene Strümpfe verzerrt, fast unkenntlich sind. Nun schreitet der Zug dem Läubliplatz zu. Die langen Besen leuchten im Blitzlicht der Fotografen auf. Der Anführer stellt sich in die Mitte des Platzes.
Seine zwölf Gesellen umringen ihn. Aussen herum verteilen sich die Tringeler zu einem Kreis. Dann bringen die Ordnenden die Glocken zum Verstummen. Eine fühlbare, gespannte Stille. Der Anführer drückt seine Maske nach oben und verkündet den Achetringeler-Spruch:
Das alte Jahr nimmt hüt es Änd,
jetz gäht enanderen alli d’Händ,
tüet uuf es jedes Feischter,
löht uus die böse Geischter,
mir zieh mit Lärm vo Huus zu Huus
u jage se zum Stedtli uus!
Im neue Jahr viel Glück u Säge,
Gsundheit un es längs zäjs Läbe,
z’ässe gnue u z’wärche gnue
u jedem Meitschi e Schatz derzue,
das tüe mir allne wünsche!
Dann setzt der Schellenlärm wieder mächtig ein; die Wachholderbesen senken sich und fahren in die Zuschauer. So sollen die bösen Geister auch aus den letzten Köpfen verjagt werden. Später formiert sich der Umzug neu. Die ganze lärmende Meute zieht zum nächsten Platz.
Zuletzt werden die langen Besen und die wertvollen Masken beiseite gelegt. Die Söiblatere bekommen Arbeit. Mit Schwung sausen sie auf irgendwelche gebeugte Rücken nieder. Es tönt gewaltig, sieht atemberaubend aus, tut aber gar nicht weh. Wer herhalten muss, sind meistens Schulmädchen. Es bereitet ihnen Spass davonzulaufen – aber immer in der Hoffnung, verfolgt und von neuem «gebrätscht» zu werden.